Abgeschlossene Dramen #2

Nun gibt nach anderthalb Jahren tatsächlich einen neuen Teil dieser Serie. Hier verändert sich mittendrin der Stil des Textes, aber lest selbst…

Abgeschlossene Dramen #2

Früher hatte Jörg P. einen geregelten Tagesablauf: Er stand um 7 Uhr auf, machte 50 Liegestütze, brühte sich einen Kaffee – etwas Milch, keinen Zucker – und las in einer halben Stunde in der aktuellen Zeitung. Anschließend beobachtete er Teenager, Berühmtheiten aus Film und Fernsehen und abgehalfterte Popstars, meistens jedoch Ehebrecher. Das war sein Job, denn Jörg P. war professioneller Stalker. Dafür hatte er eine vierjährige Ausbildung absolviert und im Laufe seines Berufslebens zahlreiche Zusatzqualifikationen in Weiterbildungsveranstaltungen erworben wie etwa „unerkannt fotografieren“ und „zufällige Begegnungen“.

Doch trotz seiner langjährigen Expertise ist Jörg nun arbeitslos, fast alle hat es in diesem einst prosperierenden und anerkannten Berufszweig getroffen. Denn seit es soziale Netzwerke im Internet gibt, glauben viele Menschen auf ausgebildete Fachkräfte wie Jörg P. verzichten zu können. Ein Trugschluss, wie die Interessengemeinschaft „Beobachten und Verstehen“ mitteilt: Amateurhaftes Klicken kann niemals professionelles Stalken ersetzen. Geben Sie daher Jörg P. und all den anderen eine Chance: Setzen Sie auf die staatlich anerkannte Erfahrung der Stalker und sie werden es Ihnen danken. Denn sie wissen, wo Sie wohnen.

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