Der besondere Song (2)
Das sollte die Song-Reihe fortsetzen, was aber wegen der nicht herausgebrachten Schülerzeitung in meinem letzten Schuljahr nicht geschah.
Was vielleicht auch nicht das schlechteste war: “Belanglos” ist wohl das Beste, was man über diesen Text verlieren kann. Nichtsdestotrotz ist Bubblegum-Pop eine herrliche Musikrichtung!
Der besondere Song (2)
diesmal: “Yummy Yummy Yummy”
Musikalische Revolutionen klingen manchmal zu simpel, um als solche erkannt zu werden. Während Bands gegen Ende der 60er immer ausschweifendere psychedelische Werke erschufen (und sich darin mitunter verloren) oder auch die Solo-Gitarre für stundenlange Bearbeitungen entdeckten, kamen die Produzenten! Und im Gegensatz zu den altbekannten Musikern, die abwechselnd durch Drogen und neuartige Klänge high wurden, wollten die Produzenten nur eines: Möglichst viele Platten verkaufen.
Ein guter Produzent weiß – woher auch immer – welchen Musik-Geschmack die potenziellen Käufer besitzen. Jerry Kasenetz und Jeff Katz waren solche Produzenten. Sie nahmen sich ein paar Studio-Musiker, die mit Sänger und Song-Writer Joey Levine “Yummy Yummy Yummy” einspielten und schafften prompt einen Top5-Hit auf beiden Seiten des Atlantiks unter dem Bandnamen Ohio Express. Und wenn dies tatsächlich bedeutet, dass damit der Nerv des Publikums getroffen wurde, dann hatte die zivilisierte Welt 1968 wohl echt ein Ding zu laufen.
Wem schon der Titel – gelinde gesagt – etwas seltsam vorkommt, der wird am Text seine wahre Freude haben: “Love, you’re such a sweet thing/Good enough to eat thing/And it’s just a‑what I’m gonna do.” Gerüchten zufolge handelt der Song übrigens von Schwangerschaft bei Teenagern.
Dieser Titel blieb jedoch nicht allein: 1910 Fruitgum Co., eine weitere Band des Produzenten-Duos waren mit dem weitaus simpleren Titel “Simon Says” und mit “Goody Goody Gumdrops” erfolgreich. Damit begründeten die Bands ein Musik-Genre, die “Bubblegum Music”. Titel von leichtem Inhalt mit einem catchy, einem einfangendem Refrain sollten die Hörer zum Kauf anregen. Eine Besonderheit dabei war der mehrstimmige Hintergrund-Gesang und die extrem nasale Stimme des Sängers, die von Gruppe zu Gruppe fast identisch waren.
Bubblegum Pop war so süß und klebrig wie ein Kaugummi und letztendlich auch genauso kurzlebig: Schon bald zerplatzte die Blase und “Simon Says” wurde hauptsächlich auf Kindergeburtstagen gespielt. Ein kleines Revival gab es Ende der 70er mit dem bizarren Elvis Costello und der Punk-Band Ramones, die sich anfangs als Bubblegum-Band ansahen. Überhaupt waren sich Punk und Bubblegum grundlegend ähnlicher, als man vermuten könnte. Wobei beim Punk natürlich das verspielte, unschuldige Element fehlte.
Zum Schluss einer Folge der Kult-Comedy-Serie “Monty Python’s Flying Circus” aus dem Jahr 1972 wird “Yummy Yummy Yummy” gespielt; die Musiker allerdings stecken zu den blinkenden Disko-Lichtern in großen Holzkisten und sind somit nicht zu sehen. Das ist es wohl, was Bubblegum Music ausgemacht hat: Anonyme Musiker und Comedy – simpel und erfolgreich.