HU will benotet werden
Schade, wirklich schade. Aber der Reihe nach: Ursprünglich wollte ich für die UnAufgefordert Artikel zu studiVZ und meinProf schreiben, zwei neue und bekannte Internetplattformen, die von Berliner Studierenden gegründet worden waren. Das war abgenickt worden, aber leider hatte ich nicht mitbekommen, dass dann jemand anderes mit studiVZ in Kontakt war. OK, dann halt meinProf. Da hatte ich eine erste Fassung fertig, aber die Redaktion war nun der Meinung, dass zwei Internet-Artikel in einer Ausgabe blöd seien. OK, dann blieb mir ja noch etwas Zeit, um in die Tiefe zu gehen. Das ging dann aber auch nicht, weil dann das Thema plötzlich nicht mehr aktuell genug war. Schade, um die ganze Arbeit, die darin steckt.
HU will benotet werden
„Bei einem normalen Stundenlohn hätten wir dafür zehntausende Euro bekommen“, sind sich Thomas Kaschwig und Alexander Pannhorst sicher. Sie gehören dem 5‑köpfigen IT-Team an, das seit November 2005 die Website meinprof.de betreibt, Vorbild war ratemyprofessor.com aus den USA Nach eigenen Angaben wurden deutschlandweit bislang rund 50.000 Kurse von 27.000 Dozierenden bewertet. Insgesamt finden sich auf der Seite 180.000 Bewertungen.
Ursprünglich starteten die Mitglieder der studentischen Unternehmensberatung Juniter das Projekt an der Technischen Universität Berlin (TU) für die Berliner Universitäten. Nach kurzer Zeit dehnten sie es auf 390 deutsche Hochschulen aus. Bekannt wurde die Seite über Mund-zu-Mund-Propaganda, vor allem das Internet trug zur Verbreitung bei. Als im April Spiegel Online berichtete, gab es 65.000 Besucher an einem Tag: eine Last, die der Server, auf dem die Seite gespeichert war, nicht bewältigen konnte. Ein Sponsor stellte einen zweiten Rechner zur Verfügung.
Bei der Berichterstattung stand vor allem der datenschutzrechtliche Aspekt im Vordergrund: Zwar müssten sich Professoren öffentliche Kritik gefallen lassen, so der Berliner Landesbeauftragte für Datenschutz, Alexander Dix. Bei meinprof.de sei aber nicht nachprüfbar, ob die Bewertungen tatsächlich von Teilnehmenden der Lehrveranstaltung stammen – die Dozierenden seien an den Pranger gestellt. Thomas Kaschwig sagt dagegen: „Wir wollen nicht allgemein Forscher schlecht machen, wir wollen nur wissen: Wie war die Veranstaltung?“ In 70 bis 80% der Fälle würden gute Noten vergeben, ganz schlechte Benotungen und Beleidigungen seien die Ausnahmen. Um eine Abschaltung der Seite zu verhindern, nahmen die Studenten einen Anwalt zu Hilfe.
„Die Auffassung des Landesdatenschutzbeauftragten finde ich überzogen und wenig differenziert“, sagt André Kuhring, Datenschutzbeauftragter der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Auch er sieht Dozierende gefährdet, vor allem durch Beschimpfungen in den Kommentarfeldern. Er sehe da jedoch ein Kommunikationsproblem, das sich durch Zeugnissprache regeln lasse: „Das muss immer wohlwollend aber wahrhaftig sein.“ Kuhring plädiert für Dialog – im Gespräch habe er schon die Kritik von vier HU-Lehrenden an meinprof.de aus dem Weg geräumt. „Soll ich die umbringen, die mir die schlechte Botschaft überbringen? Oder soll ich daraus lernen?“ Den Machern von meinprof.de habe er den Vorschlag gemacht, den Dozierenden zu ermöglichen, auf Kommentare zu antworten.
Sabine Naumann, zuständig für Lehrevaluation an der HU, findet ebenfalls: „Die Beteiligten sollen bei einer Evaluation ins Gespräch kommen.“ An der HU findet aber selten eine gemeinsame Auswertung der Lehrveranstaltung statt. „Das wird oft beklagt“, sagt Naumann. Zur Zeit wird das elektronische Evaluationssystem „UniZensus“ eingeführt, das diesen Kritikpunkt ausschalten soll. Personenbezogene Daten werden aber weiterhin nur intern besprochen. Naumann findet daher die Vorgehensweise von meinprof.de problematisch, steht der Plattform aber positiv gegenüber: „Wir unterstützen alles, was die Lehre verbessert.“
Seiner Abschaltung ist meinprof.de entgangen. Während zusammen mit Dix eine Möglichkeit erarbeitet wird, die Balance zwischen Meinungsfreiheit und Datenschutz zu halten, wird noch an den Bewertungskriterien geschraubt: Thomas Kaschwig: „Wir sind immer noch nicht ganz glücklich damit.“ Außerdem wird nach Einnahmequellen gesucht. „Werbung wollen wir nicht, die Seite soll sympathisch wirken“, so Alexander Pannhorst. Derzeit werde ein Verein gegründet, damit sie Spendengelder annehmen könnten – Angebote von Studierenden hätten sie bereits bekommen. Inzwischen gibt es die Seite auch für Österreich, Expansionen nach England, Polen und in die Schweiz seien anvisiert. Thomas Kaschwig: „Wenn die Politik alle Evaluationen veröffentlichen würde, wäre meinprof.de obsolet.“